Man könnte sich generell die Frage stellen, ob eine Bundeswehr noch von einem Land gebraucht wird, dass sich selbst dem Frieden verschrieben hat. Umgeben von Freunden und fernab jedweder staatlicher Bedrohung könnte man schnell in die Diskussion hineingleiten, ob ein Heer überhaupt notwendig ist. Wenn man das denn nun bejahen möchte, kann man weiter überlegen, ob der „Frieden in der Welt“, wie es in der Präambel des Grundgesetzes heißt, wirklich am Hindukusch, in Mali, am Horn von Afrika oder an der türkisch-syrischen Grenze verteidigt werden muss. Aber das soll nicht Thema dieser Überlegungen sein.
Der neueste Vorstoß unserer Verteidigungsministerin Frau von der Leyen sieht Bundeswehreinsätze im Inneren vor. „An sich ein schöner Gedanke“ werden einige sagen. Ja ja die Vorstellung, dass in Tarnfarbe gekleidete Menschen uns vor den schrecklichen Gefahren des Terrors bald auch in der Fußgängerzone schützen könnten, klingt sicherlich utopisch. Gerade weil das in der deutschen Vergangenheit immer so super geklappt hat mit dem Militär im Inland. Man möchte an die glorreichen Zeiten denken, als Soldaten mit Pickelhauben durch die Städte marschierten, beladen mit dem Gedankengut „Zigeuner“ aus den deutschen Landen zu vertreiben und den Erb- und Erzfeind Frankreich zu vernichten. Oder als 1938 paramilitärische und militärische Verbände ganz freundlich (zufällig und verdachtsunabhängig) Mitbürger*innen zum Umzug bewegten… Oder als 1953 in Berlin auf so amüsante Weise Demonstrant*innen durch Panzer zur Beilegung ihres Protestes bewogen wurden… Ja das mit Soldat*innen im Inland war schon immer eine feine Sache.
Die Idee der Ministerin sieht vor, die Bundeswehr in Krisensituationen einzusetzen. Das Grundgesetz sieht dazu bereits jetzt Fälle vor und zwar im Verteidigungs- und in Spannungsfällen. Reicht das nicht? Das Grundgesetz meint prinzipiell ja. Für alles was die innere Sicherheit und Ordnung betrifft, ist die Polizei zuständig. Soldaten, die sich zwischen die Reihen der Polizei stellen, werden sicherlich nicht benötigt. Vielleicht sollte man hier besser auf Qualität statt Quantität setzen und in eine bessere Ausbildung investieren.
Man sieht es doch am Beispiel unserer französischen Geschwister: Mehr Militär- und Polizeipräsenz im Inland, Burkiniverbote an Stränden und trotzdem (oder vielleicht gerade deswegen?) kommt das Land nicht zur Ruhe. Vielleicht würde eine offenere, tolerantere Gesellschaft und ein progressives Auftreten langfristig mehr Erfolge versprechen. Doch die Zeichen der Zeit in den Köpfen vieler Menschen stehen auf Uniformität, Intoleranz und Ignoranz für die Nöte, Ängste und Bedürfnisse anderer.
Und wenn man sich die ganze Lage der Bundeswehr und unserer Verteidigungsministerin bedenkt fällt eines sofort auf: Viele Initiativen zur „Verbesserung“ der Bundeswehr gingen von Frau von der Leyen aus. Die Familienfreundliche Truppe, Ausrüstungsmodernisierung mit zahlreichen Skandalen und nun noch der Inlandseinsatz. Ein Schelm, der denkt dass sich jemand profilieren möchte. Über die Sinnigkeit der familienfreundlichen Truppe lässt sich streiten. Natürlich ist es begrüßenswert, dass nun endlich einmal (wenn auch in einem sehr stereotypen Rahmen) an die bessere Integration von Frauen* in die Truppe gedacht wird. Während die Eltern kämpfen üben, vergnügt sich das Kind nebenan in der Kita. Eine tolle Vorstellung Kinder in einer potentiell militarisierten Umgebung groß zu ziehen… Ich glaube über die Modernisierung der Mondeswehr muss in diesem Kontext nicht viel gesagt werden. Die Allermeisten werden von den nicht funktionstüchtigen Gewehren, Hubschraubern, Panzern und etlichem mehr gehört haben.
Und schließlich der Inlandseinsatz. Eine Idee der besonderen Art. Profilierungsversuche, die nicht gerade von Erfolg gekrönt waren, gab es also zur Genüge. Vielleicht wird es jetzt mal Zeit über wirklich Revolutionäres nachzudenken. Nach der Abschaffung der Wehrpflicht könnte eine weitere Abschaffung die bessere Alternative für Deutschland sein… unser Kredo ist; Durch Einsatz von Soldat*innen im Inland kann kein Frieden geschaffen werden.
Natürlich ist uns bewusst, dass heute durch die parlamentarische Kontrolle und durch eine mehr oder weniger strikte Regulierung Einsätze weit weniger stark das Zivilleben beeinflussen würden. Der Einsatz im Inland ist aber ein Zeichen. Ein Zeichen der Politik dem begegnet werden muss. Die Antwort auf Terror darf nie eine Einschränkung von Freiheit sein. Vielmehr muss den Menschen vor Ort in den Krisengebieten und hier bei uns besser geholfen werden. Die Bundeswehr im Inland löst das Problem aber sicher nicht.
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